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Klein, aber oho – ein Schweinchen erzählt (Teil 4)

Schönes Spiel!“ So heißt es zu Beginn einer Boulepartie, und dieses Ritual gehört unbedingt dazu. Ich mag dieses Ritual sehr, zeigt es doch, dass die Boulespieler*innen eine faire und spannende Partie erleben möchten.
Viel interessanter sind jedoch die individuellen Rituale und Gewohnheiten der Boulespieler*innen. Als “pöötie“ kann man da ganz viel beobachten, und ich fange mal mit dem Betreten des Abwurfkreises an.
Manche Spieler*innen verharren zunächst einige Sekunden in hochkonzentrierter innerer Sammlung hinter dem Abwurfkreis, als gelte es, ein Hochseil in der Manege zu betreten. Und plötzlich geschieht es! Sie setzen den ersten Fuß feierlich und gaaanz behutsam in den Kreis, ebenso behutsam wird der zweite Fuß auch in den Kreis gesetzt. An dieser Stelle bekomme ich immer eine Gänsehaut, denke an den Astronauten Neil Armstrong und sage ganz leise vor mich hin: „Ein kleiner Schritt für einen Spaziergänger, aber ein großer Schritt für die Boulewelt.“
Wenn der Abwurfkreis also ohne weitere Vorkommnisse betreten wurde, gehen einige Spieler*innen tief in die Hocke und nehmen die Strecke, die ihre Kugel bis zu mir zurücklegen muss, sehr genau in den Blick. Sie sagen, dass sie das Gelände lesen und denken dabei wahrscheinlich an den bekannten Satz “Wer lesen kann, hat echte Vorteile“. Manche von ihnen wollen offenbar auch das Kleingedruckte lesen und verlassen den soeben mühsam betretenen Abwurfkreis. Sie gehen langsam, den Blick konzentriert auf den Boden gerichtet, die Strecke ab und suchen nach dem einzig passenden Donnée. Es kommt vor, dass sie heimlich ihr Donnée mit dem Fuß markieren, aber ich ertappe sie immer dabei. Natürlich ist das Geheimnis bei mir gut aufgehoben, denn beim Lesen wichtiger Dinge muss man sich Notizen machen, um erfolgreich zu sein.
Bouler*innen haben die unterschiedlichsten Rituale, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann.
Ein offenbar sehr wichtiges Ritual wird allerdings von den meisten gepflegt. Die Kugel muss vor dem Werfen sorgfältig mit dem Bouletuch poliert werden. Diese bedeutsame Tätigkeit kann unterschiedlich lange dauern, die Intensität des Polierens reicht von “Katzenwäsche“ bis “Hausputz“. Vom Spielfeld aus sehe ich sehr gerne und wohlwollend dabei zu und betrachte dieses Ritual, nur blitzblanke Kugeln zu spielen als Respektsbekundung gegenüber jedem “pöötie“. Wie schön ist es doch, wenn eine liebevoll geputzte Kugel auf mich zurollt und vielleicht sogar den direkten Kontakt mit mir sucht!
Während des Spiels werden Kugeln gelegt und gekonnt weggeschossen – und ich als
“le pöötie“ bin immer mittendrin. Ich beobachte die Teams, ich höre gut zu, was die Spieler*innen miteinander besprechen.
So habe ich z.B. gelernt, dass Boulekugeln Ohren haben – man kann sie nämlich am Öhrchen treffen. Außerdem kann man einen “Schnabel“ – die Bouler*innen sagen dazu “bec“ – oder eine “Schere“ spielen.
Am Großartigsten finde ich es, dass sogar Löcher geschossen werden. Ich frage mich dann immer: „Wohin verschwinden die geschossenen Löcher? Vereinigen sie sich und bilden im Universum die berühmten Schwarzen Löcher, so dass der Boulesport die Wissenschaftler bei der Erforschung des Universums maßgeblich unterstützen kann?“

Beim nächsten Mal berichte ich noch weitere erstaunliche Dinge über das, was bei einer Boulepartie alles geschieht.

Bis bald, à bientôt!
ChMa