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Klein, aber oho – ein Schweinchen erzählt (Teil 1)

Ganz offiziell heiße ich ja “Zielkugel“, aber mich mit diesem förmlichen Namen anzureden, ist doch so, als würde man sich auf dem Bouleplatz mit “Sie“ ansprechen. Für die meisten Boulespieler*innen bin ich einfach “die Sau“. Diese Anrede ist in ihrer Kürze für die Spielenden zwar praktisch, sie gehört aber nicht zu meinen Favoriten. Wenn ich mit“Schweinchen“ angeredet werde, gefällt mir das schon viel besser. Aber noch viel besser gefallen mir die in Frankreich üblichen Namen. Da gibt es “le cochonnet“, “le bouchon“ oder “le petit“. Letzteres ist mein absoluter Lieblingsname, besonders wenn er so herrlich französisch ausgesprochen wird: “le pöötie“. Das klingt immer so liebevoll. Aber was soll’s, nennt mich nur weiter “Sau“ oder “Schweinchen“.

Egal wie ihr mich nennt, ohne mich läuft bei einer Boulepartie rein gar nichts. Ich liege zuerst auf dem Platz, und neuerdings wird meine Position sogar markiert. Oft werde ich von der beginnenden Mannschaft nicht einfach irgendwohin auf das Spielfeld geworfen. Es wird vorher diskutiert, ob man kurz wirft oder weit, ob mehr nach rechts oder nach links oder doch besser in die Mitte. Diese Diskussionen empfinde ich durchaus als Wertschätzung, zeigen sie mir doch, wie wichtig meine Rolle bei jeder Aufnahme ist. Wenn es mir aber zu lange dauert, bis ich endlich geworfen werde, dann hüpfe ich auf dem Weg zur geplanten Endposition einfach mal über ein Steinchen, verändere dadurch die Richtung und lande woanders auf dem Spielfeld als es beabsichtigt war. Ich muss gestehen, dass mir diese kleinen Streiche und die oft verblüfften Gesichter der Boulespieler*innen durchaus gefallen. Manchmal platziert mich die werfende Mannschaft nicht innerhalb der von den Regeln vorgegebenen Entfernungen. In einem solchen Fall werde ich von einem Mitglied der anderen Mannschaft sorgfältig und wohlbedacht an eine neue Stelle auf dem Spielfeld gelegt. Diesen respektvollen Umgang mit mir genieße ich immer, und zum absoluten Wohlgefühl fehlt nur noch, dass ich dabei mit “le pöötie“ angeredet werde.

Beim nächsten Mal berichte ich davon, was ich bei einer Boulepartie so erlebe und wie ich Einfluss auf das Spielgeschehen nehme.

Bis bald, à bientôt!

ChMa